Angesagt
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- Wurde der Islam mit dem Schwert verbreitet?
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- Die liberale Demokratie und ihre Mythen
- Causa Asia Bibi – Befreit den Islam!
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- Fukuyamas Identitätsfrage und was die Gesellschaft noch zusammenhält
- Versuch einer Annäherung: iranisch-islamisches Volksprimat und westlich-liberale Demokratie
- Konstruktive Reformen sind im Sinne des Islams
- Vier Gründe, warum die Medien nicht islamfeindlich sind
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Warum der Islam längst zu Deutschland gehört - ob es uns nun passt oder nicht
Von AfD-Wahlplakaten schreit es uns momentan – kurz vor der Bundestagswahl 2017 - entgegen: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ Damit weiß sich die Partei im Einklang mit der übergroßen Mehrheit der Deutschen – und hofft dies in Wählerstimmen umsetzen zu können. Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff und Bundeskanzlerin Angela Merkel waren ja mit ihrer Aussage, dass der Islam zu Deutschland gehöre, heftigen Angriffen ausgesetzt gewesen.
Nach einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov für den TV-Sender SAT.1 meinen ca. 70% der Deutschen, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre, nur etwa 20 % vertreten die Auffassung, dass der Islam zu Deutschland gehört. Auf der anderen Seite schätzt die übergroße Mehrheit der Deutschen in einer (ebenfalls von YouGov durchgeführten) repräsentativen Umfrage aber auch ihr Wissen über den Islam bzw. die Muslime selbst als gering ein, 70% geben demnach zu, wenig oder überhaupt keine Kenntnisse über den Islam zu besitzen. 62 % haben demzufolge keine muslimischen Bekannten, 87% noch nie eine Moschee von Innen gesehen.
Handelt es sich somit um eine Abwehrreaktion angesichts der so sichtbar anders gekleideten und lebenden Muslime im Alltag, da der Islam und die Muslime wohl doch für eine Mehrheit in Deutschland die großen Unbekannten darstellen?
Um eine Antwort auf die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört, geben zu können, muss man klären, was man eigentlich darunter versteht, wenn man sagt: „Der Islam gehört zu Deutschland“. Ist damit „nur“ die Existenz von Muslimen in Deutschland gemeint oder gehört die islamische Religion nicht längst zur deutschen Kultur- und Geistesgeschichte?
Die Geschichte des Islams in Deutschland
Es lässt sich natürlich nicht abstreiten, dass inzwischen Millionen Muslime in Deutschland leben. Obwohl im Zuge der Flüchtlingswelle der Anteil arabischer Muslime stark gestiegen ist, ist der Islam hierzulande mehrheitlich nach wie vor von der türkischstämmigen Gemeinde geprägt, die im Zuge des Zustroms von Gastarbeitern in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden ist. Man darf aber auch nicht außer Acht lassen, dass hierzulande inzwischen etwa 4.000 gebürtige Deutsche jährlich zum Islam konvertieren, was natürlich nur geht, wenn der Islam hierzulande als Religion präsent ist und über eine gewisse spirituelle Ausstrahlungskraft verfügt bzw. Menschen einen Sinn ihres Daseins vermittelt.
Was aber viele nicht wissen: Die Präsenz des Islams in Deutschland beginnt nicht erst mit dem Zuzug von Gastarbeitern in den 1960er Jahren, sondern sie ist wesentlich älter. Schon dem Kaiser des römisch-deutschen Reiches, Friedrich II. von Hohenstaufen (1194-1250), wurde und wird nachgesagt, dass er eigentlich ein Muslim gewesen sei.
Nachweisbar ließ der preußische König Friedrich Wilhelm I. (1688-1740) im Jahre 1732 in Potsdam einen ersten Gebetsraum für 20 türkische Muslime errichten, die in seinem Dienst standen. Der preußische König Friedrich der Große (1712-1786) schrieb im Jahr 1740 an den Rand einer Eingabe: „Alle Religionen sind gleich und gut, wenn nur die Leute, die sich zu ihnen bekennen, ehrliche Leute sind. Und wenn Türken und Heiden kämen, dann würden wir ihnen Moscheen und Kirchen bauen.“ Friedrich der Große scheint dem Islam überhaupt eine besondere Wertschätzung entgegengebracht zu haben. So bekannte er im Jahr 1756: „Ich bin genötigt, meine Zuflucht zu Treu und Glauben und zu der Menschlichkeit der Muselmänner zu nehmen.“
Den Einfluss des Islams findet man auch beim ersten deutschen Reichskanzler Otto von Bismarck (1815-1898), der in einem Brief schrieb: „Ich habe alle himmlischen Bücher, die von Gott zur Leitung herabgeschickt worden sind, sorgfältig studiert. Durch die Verfälschungen konnte ich die Wahrheit, die ich suchte, nirgendwo finden. Die Gesetze sind zu weit entfernt, das Glück der Menschheit zu sichern. Aber der Koran der Mohammedaner ist frei von diesen erschwerenden Geboten. Ich habe den Koran von jeder Seite und auf jeden Punkt hin untersucht. In jedem Wort habe ich eine große Weisheit gefunden.“
Der deutsche Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) äußerte, er werde für immer der Freund der Muslime sein. Das Osmanische Reich war der Verbündete Deutschlands im 1. Weltkrieg. Im Jahr 1915 ließ Kaiser Wilhelm II. in Wünsdorf eine Moschee in traditionellem Baustil für muslimische Kriegsgefangene errichten.
Die Bedeutung des Islams für die preußischen Geschichte, insbesondere der Einfluss auf preußische Herrscher, bringt sogar eine monarchistische Vereinigung unserer Tage in Deutschland zu der folgenden, durchaus überraschenden Aussage: „‘Der Islam gehört zu Deutschland‘, so sagte es einst unser Ex-Bundespräsident Christian Wulff. Auf jeden Fall mehr als uns vielleicht bewusst ist!“ In der Tat, bewusst ist dies wohl den wenigsten. Im Jahr 2014 fand im Brandenburg-Preußen-Museum in Wustrau eine Sonderausstellung mit dem „Türken, Mohren und Tartaren“ über Muslime in Brandenburg-Preußen statt. Die dabei präsentierten Beweise für den Einfluss und die Präsenz des Islams in Deutschland schon vor Jahrhunderten sind derart zahlreich, dass man sich nur wundern kann, wie vergessen dies heutzutage scheint.
Der Islam in der deutschen Kultur- und Geistesgeschichte
Eine sichtbare Präsenz des Islams in Deutschland findet man auch nicht erst durch die von Gastarbeitern errichteten Moscheen. Dafür gibt es genügend Beispiele, die den meisten unbekannt sein dürften. So findet man im Schwetzinger Schlossgarten eine 1785 errichtete große Moschee im traditionellen Baustil mit zwei Minaretten. Im Park des vom bayerischen König Ludwig II. (1845-1886) in Auftrag gegeben Schlosses Linderhof kann man ein „Marokkanisches Haus“, in dem es eine Gebetsnische (Mihrab) gibt, bewundern. Zeugnis für die offensichtliche Faszination des Islams gibt auch das ehemalige Dampfmaschinenhaus für das Schloss Sanssouci in Potsdam, das im Stil einer Moschee gebaut wurde. Wenn der Islam nicht zu Deutschland gehört, sollen dann diese historischen Bauten in einer Art von Bilderstürmerei zerstört werden?
In der klassischen Musik findet man beispielsweise bei Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) („Entführung aus dem Serail“) islamische Einflüsse. Immens ist der islamische Einfluss in der klassischen deutschen Literatur. Die Märchen von Wilhelm Hauff (1802-1827) sind zu einem Großteil in der arabischen Welt beheimatet. Bei Geistesgrößen wie Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781), Johann Gottfried Herder (1744-1803) oder Friedrich Rückert (1788-1866) kann man den islamischen Einfluss nur als gewaltig bezeichnen. Goethe äußerte sogar, er sei dem Verdacht nicht abgeneigt, „selbst ein Muselmann“ zu sein. Er schrieb das Stück "Mahomet" und den "West-östlichen Diwan", wo er dichtete: "Dass der Koran das Buch der Bücher sei, glaub ich aus Moslemenpflicht." Und allein durch diese Werke gehört der Islam längst zur deutschen Geistesgeschichte.
Georg Friedrich Wilhelm Hegel (1770-1831) setzte sich unter anderem mit der Dichtung des persischsprachigen Gelehrten Jalal-ed-Din Rumis (1207-1273) auseinander und bemerkte in seiner „Vorlesungen zur Ästhetik“: „Indem sich nämlich der Dichter im Muhammedismus das Göttliche in Allem zu erblicken sehnt und es wirklich erblickt, gibt er nun auch sein eigenes Selbst dagegen auf. Dadurch erwächst ihm jene heitre Innigkeit, jenes freies Glück dessen, der sich bei der Lossagung von der eigenen Partikularität durchweg in das Ewige und Absolute versenkt, und in Allem das Bild und die Gegenwart des Göttlichen erkennt.“
Der Dichter Rainer Maria Rilke (1875-1925) beschäftigte sich intensiv mit dem Islam und verfasste ein Gedicht über die erste Offenbarung des Propheten Mohammed. Die Beispiele für den Einfluss des Islams auf die deutsche Literatur ließen sich noch lange fortsetzen, aus Platzgründen soll dies hier genügen.
Überzeugte Europäer?
Es ist bemerkenswert, dass gerade auch zahlreiche Unionspolitiker (wie zum Beispiel Volker Kauder) bestreiten, dass der Islam zu Deutschland gehört, obwohl sie sich zugleich als überzeugte Europäer bezeichnen. Gehört der Islam also auch nicht zu Europa?
Bereits seit der Präsenz der Araber 711 n. Chr. in Spanien hatte die islamische Welt damit begonnen, auch den Okzident zu beeinflussen. Wie kann man denn zum Beispiel den Einfluss des vor fast 1.300 errichteten Emirats von Cordoba, dass als fortschrittlich und tolerant galt und zu dem viele Europäer aufblickten, auf Europa leugnen? Ist die Geschichte dieses Emirats nicht ein Bestandteil der europäischen Geschichte? Und was ist mit dem zum Osmanischen Reich gehörenden Balkan? Bosnien, der Kosovo und auch Albanien waren oder sind Staaten mit einer muslimischen Bevölkerungsmehrheit.
Weiterhin lässt sich auch nicht der immense Einfluss islamischer Gelehrter auf praktisch alle Wissensbereiche bestreiten. Abū Alī al-Husain ibn Abdullāh ibn Sīnā (980-1037) kann so beispielsweise auch zu den unbestrittenen Vätern der abendländischen Medizin, Astronomie, Mathematik, Physik, Philosophie gezählt werden.
Als im Abendland weiterhin die Schriften Platons und Aristoteles durch die Inquisition vernichtet worden waren, kamen sie über die islamische Welt wieder nach Europa. Dies hat den Herausgeber des „Preußischen Landboten“, Michael L. Hübner, immerhin zu den folgenden Worten bewegt: „In Dankbarkeit und Ehrfurcht einer Religion gegenüber, die das Licht der Bildung, des Wissens und der Zivilisation bewahrte, als über das Abendland die Finsternis der Barbarei und des Aberglaubens hereinbrach. Europa steht tief in der Schuld des Islam." Doch leider findet man dieses Wissen heute nur selten.
Abschließend bleibt festzuhalten: Der Islam gehört längst zur deutschen – und erst recht europäischen – Kultur- und Geistesgeschichte. Abendland und Morgenland haben sich in der Vergangenheit gegenseitig beeinflusst, Kultur- und Geistesgeschichte sind miteinander verzahnt, wie es bereits Johann Wolfgang von Goethe im „West-Östlichen Diwan“ schrieb:
„Wer sich selbst und andere kennt, Wird auch hier erkennen: Orient und Okzident; Sind nicht mehr zu trennen.“
Dr. phil. Markus Fiedler ist Autor von mehreren Büchern und zahlreichen Artikeln mit dem Schwerpunkt Islam in Europa.
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Angesagt
- Globalpolitische, soziale und psychologische Ursachen der Islamfeindlichkeit
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- Konstruktive Reformen sind im Sinne des Islams
- Vier Gründe, warum die Medien nicht islamfeindlich sind
"Handelt es sich somit um eine Abwehrreaktion angesichts der so sichtbar anders gekleideten und lebenden Muslime im Alltag, da der Islam und die Muslime wohl doch für eine Mehrheit in Deutschland die großen Unbekannten darstellen?"
Das trifft auf andere Religionen, wie z. B. das Judentum oder den Hinduismus, letztlich auch zu. Und auch sehr viele jüdische Frauen tragen Kopftücher, um ihre Haare zu bedecken.
https://en.wikipedia.org/wiki/Tichel
Wie kann man einen Artikel über den Islam schreiben, ohne die Scharia auch nur ein einziges Mal zu erwähnen? Gehört die Scharia nun auch zu Deutschland? Kann man sie vom Koran trennen? Um diese Frage drücken sich alle Politiker und Experten.
Was stellen Sie sich denn unter der Scharia vor? Ein besonderes Gesetzbuch? DIE Scharia gibt es ebenso wenig wie es DEN Islam (er ist kein monolithischer Block) gibt. Scharia ist stets Interpretationssache von Koran und Sunna. Und so können zwei unterschiedliche schiitische Rechtsgelehrte bei einer Frage zu zwei unterschiedlichen Rechtsgutachten kommen, ein Anhänger der vier sunnitischen Rechtschulen wird seiner jeweiligen Rechtschule folgen, ein Salafist oder Wahhabit selbst Idschtihad (selbständige Rechtsfindung betreiben) usw.. Daher kann "der" Islam bzw. "die" Scharia sehr wohl auch im Sinne des deutschen Grundgesetzes interpretiert werden, weil sie eben kein starres Gesetzbuch, sondern Interpretationssache ist.
@Werner
Tatsächlich ruft die Scharia nach schiitischer Lesart die Muslime in nicht-muslimischen Ländern mit einer freiheitlich-liberalen Grundordnung, in denen Muslime friedlich ihre Religion nachgehen dürfen, dazu auf, die geltende Gesetze zu achten. In dem Sinne ist die Scharia doch deutscher als Deutschland, oder?
Zwei Beispiele wegen der "Scharia" will ich noch liefern:
Sogar Salafisten/Wahhabiten setzen bei der Interpretation sogar Koranverse teilweise durch die Sunna außer Kraft (z.B. bei der Gebetswaschung). Und der in den letzten Tagen in Deutschland in die Schlagzeilen geratene Ayatollah Schahrudi wurde 2002 im Iran vor allem bekannt für sein Eintreten für die Aussetzung der Steinigung als Strafe nach dem Beispiel Jesu (der im Islam ja auch eine große Rolle spielt), da die Bedingungen für solch eine Strafe nicht (mehr) erfüllt sind. Der Koran macht übrigens auf die Notwendigkeit seiner Interpretation aufmerksam (Sure 3, Vers 7).
Auffällig ist die durchweg positive Rolle, die dem Islam hier zugeschrieben wird, natürlich war dann schon anno dazumal ein europäischer Moslem. Aber kein Wort zur aggressiven Expansionspolitik des Islam (gibt's ja nicht, weil kein monolithischer Block) und die Abwehrschlachten der Europäer. Nur weil ein paar Moslems im königlichen Dienst standen und das Fremde fasziniert, wird der Islam zum Ureuropäischen, ja Deutschen verklärt. Apropos, warum läßt der Autor all die negativen Berichte namenhafter Autoren aus, welche sich negativ über den Islam äußern. Ja, und auch die Verklärung der Herrschaft über Spanien läßt tief blicken.
@Arne
Weltanschauungen oder Personen müssen nicht frei von Unvollkommenheiten sein, um das Prädikat "deutsch" oder "europäisch" zu verdienen. Oder drastischer ausgedrückt: Zu Deutschland gehört es auch, eine religiöse Minderheit zu ethnisieren und daraufhin sechs Millionen von ihnen zu massakrieren.
@Arne
Das Thema beachten! Hier geht es nicht um die islamische Geschichte. Ebensowenig wie es "den" Islam gibt, gibt es auch nicht "die" islamische Expansion, sondern nach dem Propheten gab es vier Kalifen und dann die Dynastien. Imam Ali ordnet im Nadsch ul-Balagha an, dass Muslime keine Angriffskriege führen sollen, sondern nur in der Verteidigung kämpfen sollen. Natürlich gab es auch Expansionen z.B. des Osmanischen Reiches. Es ist aber eine völlig einseitige Geschichtsbetrachtung, wenn man die Europäer nur in der Verteidigung sieht. Was ist mit der Zeit des Kolonialismus und Imperialismus? Allein im 19. Jahrhundert wurden Zehntausenden Algeriern die Köpfe abgetrennt. "Das" Christentum war nie expansiv? Dann könnte man auf die Zwangsmissionierungen der Spanier zum Beispiel in Mittel- und Südamerika verweisen. Und auch auf die Sachsenkriege Karls des Großen, denn hier wurde das Christentum auch mit Gewalt durchgesetzt.
"Herr Redakteur, lernen sie Geschichte." Von Bruno Kreisky.
Sehr geehrter Herr Dr. Fiedler,
sind Sie Islamwissenschaftler?
Leider fand ich den Artikel etwas flach. Ich weiß nicht so ganz, warum Sie dafür plädieren, dass der Islam wichtig für die deutsche Kultur sein soll...
Zum Beispiel finde ich Ihre Argumentation baugeschichtlich unlogisch. Die orientalistischen Bauten von Moscheen oder mit arabischen Anklängen errichtete Gebäude des 18. und 19. Jahrhunderts gehen eher als Follies englischer Landschaftsgärten oder eben vom Exotismus inspirierte Gebäude durch und haben mit der Frage, inwiefern der Islam die deutsche Kultur geprägt hat - und das verstehe ich unter der Aussage der Islam gehört zu Deutschland - wenig zu tun.
Ähnlich interessierte man sich zu dieser Zeit für China, Chinoiserien, Porzellan - gehört also der Buddhismus, Konfuzianismus etwa zu Deutschland? Haben diese die deutsche Kultur nachhaltig geprägt?
Nein. Beeinflußt in geringem Maße? Vielleicht ja. Heute sind ja auch viele Buddhisten unter uns, aber würde man deshalb sagen, der Buddhismus hat die deutsche Kultur geprägt? Man hat sich mit ihm zu manchen Zeiten, etwa zu Beginn des 20. Jahrhunderts, auseinandergesetzt, ja, aber meist nur von wenigen Intellektuellen der gehobenen Mittelschicht. Dem Rest denke ich ist der Buddhismus heute noch egal, die Mehrheit sieht das auch so mit dem Islam.
Dass Muslime deutsche Staatsbürger sind, ist keine Frage, aber hier wird ja eine andere Aussage diskutiert und wenn man sagen will, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, das heißt, er habe die deutsche Kultur bisher nicht maßgeblich beeinflußt, dann würde ich sagen, dass diese Aussage korrekt ist.
@helga
Ich halte auch die Diskussion um diese Plattitüden für sehr pauschalisierend und damit polarisierend. Zwar war Wolfgang Schäuble in der Funktion als Bundesinnenminister der erste Spitzenpolitiker gewesen, der gesagt hatte, dass der Islam zu Deutschland gehöre, aber der Bundespräsident Christian Wullf machte Dank der Springer-Presse diesen Satz fast schon weltbekannt. Allerdings sagte er ganz konkret: "Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland." Und damit meinte er eben nicht einen maßgeblichen Einfluss auf die deutsche Geistes- und Kulturgeschichte. Aber das hat damals den Kritiker kaum gejuckt, ging es vielen doch darum, einfach wieder eine Gelegenheit zu nutzen, um gegen den Islam zu schreiben.
@helga
Die zentralen Aussagen meines Artikels haben Sie offenbar nicht erreicht. Ich plädiere nicht dafür, dass der Islam wichtig für die deutsche Kultur sein soll, sondern ich sage, dass der Islam zur deutschen Kultur- und Geistesgeschichte gehört, was durch den immensen Einfluss zum Beispiel auf Goethe, Lessing, Rückert und so weiter meines Erachtens außer Frage steht. Weiterhin geben sich ja unter anderem Seehofer oder Söder als überzeugte Europäer. Wollen Sie bestreiten, dass der Islam auch nicht zu Europa gehört? Ist das Kalifat von Cordoba bekannt und welchen Einfluss es hatte? Der Buddhismus und Hinduismus gehören in dieser Hinsicht sicherlich nicht dazu! Aber das Christentum, Judentum und der Islam haben Europa historisch maßgeblich geprägt.
Völker kommen, Völker gehen. Nur eine Frage der Zeit. So werden wir Deutsche auch verschwinden und der Islam wird herrschen.
Wenn der Islam zu Deutschland gehört, dann müssen wir ihn schnell, nein, noch schneller abschaffen!
@Manilow
Ihnen ist aber klar, dass einerseits der Islam keine Ethnie und andererseits Deutschland keine Religion ist? Mit anderen Worten: Es gibt sogenannte Bio-Deutsche, die Muslime sind - ja sogar von Geburt an.
Was möchten Sie also schützen?
Die deutschen Gene? Die werden auch nach einer etwaigen Islamisierung deutsch blieben - keine Sorge.
Das Christentum? Dieses wird allerdings vornehmlich vom Atheismus bedroht.
Demokratie und Menschenrechte? Diese bejahen die Religionsfreiheit für Muslime und dass Bio-Deutsche Muslime werden können.
Die deutsche Kultur? Die wird wiederum von der Amerikanisierung als von einer etwaigen Islamisierung bedroht.
Oder wollen Sie bloß Deutschland vor einer Masseneinwanderung von muslimischen Ausländern schützen? Nun, zu etwa 50 Prozent wandern EU-Bürger in Deutschland ein und selbst als die Einwanderung von Flüchtlingen im Jahr 2015 ihr Höhepunkt erreichte, wurde da nicht einmal die eine Millionen Marke überschritten. Seitdem hat sie sich ohnehin Jahr für Jahr deutlich reduziert. Die Zahl der Auswanderer aus Deutschland - über 85 Prozent von ihnen waren Ausländer - lag im gleichen Jahr sogar höher als die Anzahl der eingewanderten Flüchtlingen.
Also was möchten Sie schützen und bewahren?